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Das Resin Transfer Moulding (RTM) hat sich in der Herstellung von Faserverbundserienbauteilen etabliert. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen genaueren Blick auf dieses innovative Verfahren und seine Vorteile für die moderne Industrie.
Was ist das RTM Verfahren?
Beim RTM-Verfahren wird ein Rohling (3D Prefrom) aus Fasern in eine geschlossene Form (Formwerkzeug) eingelegt und anschließend unter Druck mit einem flüssigen Harzsystem infiltriert. Durch die Aushärtung des Harzes entsteht ein starkes, leichtes und strukturell festes Bauteil. Typische Fasermaterialien, die beim RTM-Verfahren zum Einsatz kommen, sind Glas- oder Kohlefasern (CFK Bauteile). Harzsysteme können aus Epoxid-, Polyester- oder Vinylesterharzen bestehen, je nach den spezifischen Anforderungen an das Endprodukt.
Der Ablauf des RTM Verfahrens
Vorbereitung der Form und der Verstärkungsmaterialien: Zunächst wird die Form vorbereitet und mit Trennmittel beschichtet, um eine problemlose Entformung zu gewährleisten. Die Verstärkungsfasern werden als Matten oder Gewebe in die Form eingelegt, die das spätere Bauteil verstärken.
Form schließen und Vakuum anlegen: Die Form wird geschlossen, und es wird ein Vakuum angelegt, um eine gleichmäßige Verteilung des Harzes zu gewährleisten und Lufteinschlüsse zu vermeiden.
Injektion des Harzes: Das Harz wird in die Form injiziert und verteilt sich gleichmäßig durch das Vakuum. Es durchtränkt die Faserstruktur vollständig und erreicht auch schwer zugängliche Bereiche.
Aushärten: Nach der vollständigen Infiltration härtet das Harz bei Raumtemperatur oder in einem Ofen aus, je nach den verwendeten Materialien und Anforderungen.
Entformung und Nachbearbeitung: Nach der Aushärtung wird das Bauteil aus der Form genommen und kann gegebenenfalls nachbearbeitet oder lackiert werden, um es auf die endgültige Nutzung vorzubereiten.
Prozessvarianten
Es gibt verschiedene RTM-Varianten, die sich in Bezug auf Druck und Geschwindigkeit unterscheiden:
Standard-RTM: Verwendet Injektionsdrücke bis zu 20 bar
Hochdruck-RTM (HD-RTM): Arbeitet mit deutlich höheren Drücken (bis zu 230 bar in der Mischkammer) für schnellere Zykluszeiten
Compression-RTM: Eine Weiterentwicklung, bei der das Werkzeug zunächst nicht vollständig geschlossen wird, um eine bessere Harzverteilung bei niedrigeren Drücken zu ermöglichen
Die Vorteile des RTM Verfahrens für CFK-Bauteile
Hohe Produktqualität und Präzision: Durch das geschlossene Formverfahren erreicht man eine hohe Maßhaltigkeit und reproduzierbare Oberflächenqualität. Insbesondere für komplexe Geometrien und detailreiche Oberflächenstrukturen ist das RTM-Verfahren ideal.
Gewichtsreduktion bei hoher Festigkeit: Faserverstärkte Kunststoffe bieten eine ausgezeichnete Festigkeit bei geringem Gewicht, was für den Leichtbau von Vorteil ist, besonders in Branchen wie der Automobilindustrie und der Luftfahrt.
Effizienz und Kostenvorteile: Obwohl die Herstellung der Formen initial kostenintensiv ist, ermöglicht das RTM-Verfahren bei größeren Serien eine wirtschaftliche und schnelle Fertigung.
Umweltvorteile und geringer Materialverlust: Im Vergleich zu offenen Gießverfahren ist der Materialverlust geringer, und es entstehen weniger Emissionen durch die geschlossene Form
Anwendung des RTM Verfahrens
Das RTM-Verfahren wird in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt, da es für unterschiedlichste Bauteilgrößen und -komplexitäten geeignet ist.
Automobilindustrie: Hier wird das RTM-Verfahren zur Herstellung leichter Karosserieteile, wie Motorhauben, Türen und Spoiler, eingesetzt. Dies trägt zur Verbesserung der Fahrzeugleistung und zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs bei.
Luft- und Raumfahrt: Die hohen Anforderungen an Festigkeit und Leichtigkeit in der Luft- und Raumfahrt machen RTM zu einer idealen Wahl für Bauteile wie Rumpfstrukturen, Tragflächen und Verkleidungen.
Sport- und Freizeitindustrie: Fahrräder, Schläger, Surfbretter und andere Sportgeräte profitieren von der Leichtigkeit und Robustheit der RTM-Bauteile.
Herausforderungen und Ausblick
Trotz der vielen Vorteile stehen Hersteller beim RTM-Verfahren vor Herausforderungen.
Prozessoptimierung
Eine der Hauptherausforderungen liegt in der Optimierung des Injektionsprozesses. Dabei müssen zwei kritische Faktoren gleichzeitig berücksichtigt werden:
Zykluszeit: Es ist wichtig, die Injektionsphase so kurz wie möglich zu halten, um wirtschaftlich produzieren zu können.
Bauteilqualität: Gleichzeitig muss eine hohe Qualität gewährleistet werden, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Fehlstellen wie Lufteinschlüssen.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass zu hohe Fließgeschwindigkeiten zur Faserverschiebung und Bildung von Lufteinschlüssen führen können, was die mögliche Verkürzung der Zykluszeit begrenzt
Werkzeugtechnologie
Die Entwicklung geeigneter Werkzeuge stellt eine weitere Herausforderung dar:
Präzision: Werkzeuge müssen eine hohe Konturgenauigkeit und Oberflächengüte garantieren.
Stabilität: Sie müssen dem Injektionsdruck standhalten und ausreichende Schliesskraft und Steifigkeit aufweisen.
Temperaturmanagement: Die präzise Kontrolle und gleichmäßige Verteilung der Temperatur im Werkzeug ist essenziell für eine optimale Aushärtung des Harzes.
Angusssystem: Die Positionierung und Gestaltung der Injektionspunkte ist kritisch für eine vollständige und gleichmäßige Imprägnierung der Fasern.
Abdichtung: Ein kritischer Faktor für Qualität und Standzeit der Werkzeuge
Entlüftung: Entlüftungskanäle müssen sorgfältig geplant werden, um Lufteinschlüsse zu vermeiden und eine vollständige Füllung der Kavität zu gewährleisten.
Effizienz: Schnelle Öffnungs- und Schließmechanismen sind erforderlich, um kurze Taktzeiten zu ermöglichen.
Integrierte Sensorik: Moderne RTM-Werkzeuge können mit Sensoren ausgestattet sein, die Druck, Temperatur und Fließfront des Harzes in Echtzeit überwachen.
Materialauswahl und -verarbeitung
Die Wahl und Verarbeitung der Materialien birgt eigene Herausforderungen:
Faserausrichtung: Bei komplexen Geometrien kann es schwierig sein, die gewünschte Faserausrichtung zu erreichen und beizubehalten.
Drapierbarkeit: Die Verformbarkeit der textilen Halbzeuge muss berücksichtigt werden, insbesondere bei der Verwendung von Multiaxialgelegen
Reproduzierbarkeit
Für eine erfolgreiche Serienfertigung ist eine hohe Reproduzierbarkeit unerlässlich:
Prozessparameter: Die Kontrolle und Konstanthaltung von Parametern wie Injektionsdruck, Temperatur und Fließgeschwindigkeit ist entscheidend.
Preform-Qualität: Die gleichbleibende Qualität der Faservorformlinge (Preforms) muss sichergestellt werden
Automatisierung
Die Implementierung von Automatisierungslösungen ist wichtig für die Wirtschaftlichkeit, stellt aber auch Herausforderungen dar:
Komplexität: Die Integration verschiedener Prozessschritte in eine automatisierte Fertigungslinie kann technisch anspruchsvoll sein.
Flexibilität: Automatisierte Systeme müssen flexibel genug sein, um verschiedene Bauteilgeometrien und -größen zu verarbeiten
Qualitätssicherung
Die Entwicklung effektiver Methoden zur Qualitätskontrolle ist entscheidend:
Inline-Prüfung: Die Implementierung von Prüfverfahren, die direkt in den Produktionsprozess integriert sind, kann herausfordernd sein.
Fehlererkennung: Die zuverlässige Erkennung von Fehlstellen wie Poren oder Delaminationen ist kritisch für die Bauteilqualität.
Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert eine sorgfältige Planung und kontinuierliche Optimierung des RTM-Prozesses. Durch die Adressierung dieser Punkte kann die RTM-Technologie ihr volles Potenzial für die wirtschaftliche Serienfertigung von hochwertigen Faserverbundbauteilen entfalten.
Fazit
Das Resin Transfer Moulding Verfahren ist ein innovatives und effizientes Verfahren zur Herstellung von faserverstärkten Bauteilen, das sich vor allem durch seine hohe Präzision, Stabilität und Umweltvorteile auszeichnet. Durch die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten und die Fähigkeit, Gewicht und Festigkeit zu optimieren, hat das RTM-Verfahren eine vielversprechende Zukunft in verschiedenen High-Tech-Industrien.
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